Über schwimmende, grüne und selbst produzierende Städte

Stadt Land Fluss. Hafenstadt. Lieber in der Stadt als auf dem Land wohnen. Hauptstadt. Die Menschen, nicht die Häuser machen die Stadt. Kleinstadt. Die goldene Stadt. Je größer die Stadt, desto weniger die Nachbarn. Verwaltungsstadt. Die ewige Stadt. Weltstadt. Stadtmenschen. Mitten in der Stadt beschreibt man das Landleben am schönsten. Die Liste der Redensarten und unterschiedlichen Stadttypen ließe sich noch weitreichend erweitern. Für einen ersten Eindruck über die Vielfalt von Städten reicht es aber allemal. Trotz möglicher Kategorisierungen gleicht natürlich keine Stadt der anderen. Die individuellen Stadtbilder sind u.a. geprägt durch historische Ereignisse, geographische Lage, finanzielle Möglichkeiten und kulturelle Gegebenheiten. Der ein oder andere verbringt gerne einmal verlängerte Wochenenden in fremden Städten und betreibt Sightseeing. Menschen, die auf dem Land wohnen, zieht es an den Wochenenden des Öfteren in die Stadt, um einem vielfältigen Freizeitangebot nachzugehen. Die Entwicklung hat gezeigt, dass Urbanität und Städteleben an Bedeutung gewinnen. Metropolen gibt es weltweit zahlreich und sie sind steigen in ihrer Zahl. Immer mehr Menschen scheint es in die Städte zu ziehen. Die Gründe dafür sind recht unterschiedlich und reichen vom Arbeitsplatzmangel in ländlichen Regionen bis hin zu mehr Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung in der Stadt. Stadtbilder sind dabei dem ständigen Wandel der Zeit erlegen und verändern sich stets. Sie lassen sich gezielt formen und nach bestimmten Vorstellungen gestalten. Dabei gibt es äußerst spannende und innovative Modelle, nach denen eine Stadt ausgerichtet werden kann. Einige dieser interessanten Ideen möchte ich im Folgenden gerne vorstellen.

Fab City Amsterdam, Quelle: blog.fab.city/fab-city-summit-copenhagen

Wie der ein oder andere bereits weiß, gehört das ViNN:Lab seit 2014 dem internationalen FabLab Netzwerk an. FabLabs, oft auch Makerspaces genannt, sind offene Werkstätten, die Privatpersonen Zugang zu modernen Technologien und Fertigungsverfahren ermöglichen. Jeder Person ist es in solch einer Werkstatt möglich, mit modernen Geräten wie dem 3D Drucker oder Lasercutter Dinge herzustellen und sich kreativ auszuleben. FabLabs sind global betrachtet, weltweit in unterschiedlicher Häufigkeit vertreten. Jedoch sind sie lokal zumeist auf eine konkrete Örtlichkeit, wie beispielsweise als Teil einer Hochschule, beschränkt. Was wäre jedoch, wenn man so ein FabLab auf eine ganze Stadt ausweiten würde? Richtig, dann hätte man eine Fab City. Das hört sich im ersten Moment vielleicht etwas utopisch an, ist jedoch ein globales Netzwerk, das bereits seit sechs Jahren besteht. Eine Fab City ist eine Stadt, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2054 alles was sie konsumiert, selbst herzustellen. Man darf sich solch eine Stadt jedoch nicht wie ein typisches Fab Lab vorstellen, das man zukünftig einfach nur an jeder Straßenecke mit einer Häufigkeit von Apotheken vorfindet. Vielmehr ist der Grundgedanke des selbst Erschaffens auf allen Ebenen der Kernpunkt des langjährigen Projekts. Solch eine Fab City beschränkt sich demnach nicht nur auf die Fab Lab typischen Technologien, sondern greift auch auf andere Bereiche über. Einige davon stellen die lokale Nahrungsproduktion, urbane Permakulturen, fortschrittliche Produktionskreisläufe und sogar eigene Krypto-Multi-Währungen – verbunden mit der globalen Wirtschaft dar. Diese und weitere Aspekte sollen dazu führen das gesetzte Ziel in vierunddreißig Jahren zu erreichen. (Quelle: https://fab.city/)

Ein bedeutender Kerngedanke des Langzeitprojekts ist der Austausch von Wissen zwischen den einzelnen Fab Citys und eine dementsprechende Verfügbarmachung von Open Source Materialien. Man will voneinander und miteinander lernen. Auch möchte man Macht und Gewinne dezentralisieren und dem kollektiven Interesse dienen. Bisher gibt es über 30 Städte, die dem globalen Fab City Netzwerk angehören, angefangen bei Barcelona, von wo die Idee stammt. Hamburg ist dabei die erste und einzige deutsche Stadt und seit vergangenem Jahr Teil der globalen Challenge. Sollte man es schaffen, tatsächlich das konsumierte herzustellen, so ist zu vermuten, dass beispielsweise weniger Abfall und Überfluss entstünde. Lokale Akteure würden wieder stärker werden und man müsste weniger auf Firmen von weit weg zurückgreifen, die lange Transportwege beanspruchen und daher vielleicht weniger ökologisch sind. Eine interessante und anspruchsvolle Idee eine Stadt zu formen, ist so eine Fab City allemal. Ob sich das Konzept auch tatsächlich in Gänze so umsetzen lässt, wird die Zukunft zeigen. Eine tiefere Beschäftigung mit dem Thema und das Verfolgen der gesamten Entwicklung auf dem Fab City Blog (https://blog.fab.city/) sind bei Interesse auf jeden Fall sehr empfehlenswert. (Quelle: https://fab.city/)

Schwimmende Stadt, Oceanix, Quelle: https://oceanix.org/

Ein weiteres spannendes Städtemodell hat Oceanix im Rahmen eines UN-Wettbewerbes entwickelt. Es handelt sich hierbei um eine schwimmende Stadt, die im Falle von weiteren klimatischen Veränderungen aufgrund der Klimakrise vielleicht einmal Wirklichkeit werden könnte. Durch das Ansteigen der Meeresspiegel wegen beispielsweise schnell schmelzender Pole sind vor allem Küstenstädte bedroht, unter dem Wasser zu verschwinden. Es gibt zwar schon Konzepte, um die Wassermassen fernzuhalten, beispielsweise durch Dämme, doch ein Ausweichen des Lebensraums auf eben die Bedrohung selbst, wäre durchaus denkbar. Oceanix Idee zufolge gäbe es einzelne Dreieck förmige Schollen, die sich vollständig autonom versorgen können und zusammen ein größeres Gesamtbild ergeben. Auf einer Scholle, die zwei Hektar groß ist, sollen 300 Menschen leben können. Das autarke Leben soll durch Konzepte wie Zero Waste, pflanzliche Ernährung, Nullenergiehäuser und Shared Mobility gewährleistet werden und somit festlandunabhängig sein. Clustert man sechs Schollen zusammen, so hat man bereits eine kleinere Stadt. Die Form der Schollen ist optimal, um kreisförmige Gebilde zu konstruieren. Schließt man nun wiederum sechs dieser kleinen Städte zusammen, so erhält man bereits eine 10 000 Menschen große Stadt. Da das Meer rund 71% der Oberfläche unserer Erde einnehmen, ließe sich solch eine schwimmende Stadt theoretisch noch mehrere Male kreisförmig vergrößern. (Quelle: https://oceanix.org/)

Die einzelnen Schollen können miteinander verbunden werden, so dass man örtlich nicht beschränkt ist. Fortbewegen kann man sich z.B. zu Fuß oder mit dem Boot. Jegliche Gebäude auf den Schollen sind maximal sieben Stockwerke hoch um einen tiefliegenden Schwerpunkt zu erzeugen und sicher vor Winden und Stürmen zu sein. Das Herz der kleinen Inseln ist das gemeinsame Anbauen von Nahrung und das gemeinschaftliche Teilen. Auf den Inseln genutzte Baumaterialien sind u.a. schnell nachwachsender Bambus. Die Schollen können an Land gebaut und anschließend zum Einsatz aufs Meer gebracht werden. Sollte es in einem äußerst schlechten Zukunftsverlauf tatsächlich einmal dazu kommen, dass wir auf unsere Ozeane ausweichen und wie in Waterworld vollständig auf dem Wasser leben müssen, so steht das Überleben zunächst natürlich an erster Stelle. Es ist jedoch auch durchaus möglich, Individualität, Kultur, Sport und weitere Möglichkeiten auf die schwimmenden Städte zu bringen. Ein Leben dort wäre dann nicht nur zweckmäßig, sondern auch durchaus angenehm lebenswert. (Quelle: https://oceanix.org/)

Green City, Quelle: https://pixabay.com

In beiden vorgestellten Städtemodellen schwingen Werte wie Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Lokalität stark mit. Man findet sie mit steigender Bedeutung einzeln oder alle gemeinsam auch in anderen Stadtideen wieder. Den größten Anteil des Nachhaltigkeitsaspekts findet man wohl im Stadtmodell der Eco City, wieder. Allgemein ausgedrückt handelt es sich bei einer Eco City, oft auch Green City genannt, um eine Art Nachhaltigkeitsstadt, die besonders Rücksicht auf ökonomische und umweltbedingte Auswirkungen nimmt und auch soziale Aspekte nicht außer Acht lässt. Oft werden nachhaltige Faktoren oder Ideen in ein Stadtbild eingegliedert, ohne das die Stadt selbst in ihrer Gesamtheit zu 100% nachhaltig sein muss. So gibt es beispielsweise Bestrebungen, autofreie Städte oder Stadtteile zu schaffen um die Abgase zu reduzieren. Das Stadtkonzept der kurzen Wege ist daran angelehnt, welches bereits 1980 konzipiert wurde. Hier soll eine kluge und durchdachte Stadtgestaltung kurze Wegstrecken zwischen einzelnen Lebensstationen wie Zuhause, Arbeitsplatz, Einkaufsmöglichkeiten, usw. ermöglichen und Autos somit überflüssig machen. (www.umweltbundesamt.de) Auch die Nutzung von erneuerbaren Energien in großem Maße trägt zur Annäherung an eine Eco City bei, ebenso wie die Schaffung von Grünflächen.

Wie ihr sehen könnt, gibt es einige interessante Stadtentwicklungsmöglichkeiten. Viele sind durch den Nachhaltigkeitsgedanken miteinander verbunden, in der individuellen Ausführung und Herangehensweise dennoch verschieden. Einige werden aktuell konkret umgesetzt, andere setzen auf eine Zukunft mit veränderten klimatischen Bedingungen und existieren bisher nur in Visionen. Habt ihr von weiteren interessanten Städtemodellen gehört? Lasst mich gerne daran teilhaben.