Wie Ersatzteile aus dem 3D-Drucker Oldtimern das Leben retten

(Quelle: autorevue.at)

Dass 3D-Druck Techniken vielseitig einsetzbar sind, ist mittlerweile wahrscheinlich jedem bekannt. Gerade im Bereich der Mobilität werden für neue Modelle im Straßen- und Luftverkehr innovative Wege zur Nutzung von 3D-geduckten Teilen gefunden, die Platz, Gewicht und Zeit sparen können. Aber hat eigentlich schon mal jemand an die alten Fahrzeuge gedacht, die altbekannten Oldtimer, für die es durch die schnelle Weiterentwicklung der Technik in der Automobilindustrie immer schwerer wird Teile zu bekommen? Ersatzteile für Oldtimer sind zudem aufgrund ihrer meist hohen Rarität nicht nur schwer zu finden, sondern auch sehr teuer und so können die fahrenden Zeitzeugen oftmals kaum repariert werden. 

Tatsächlich ist die Idee Ersatzteile mittels 3D-Druck herzustellen nicht neu, denn schon seit mehreren Jahren konnte man bei Spezialfirmen Teile anfertigen lassen, jedoch meist für sehr viel Geld (Quelle: blick.ch). Da 3D-Drucker aber immer effizienter und günstiger werden, können sich nun auch kleine Firmen und Start-ups die Geräte leisten und so auf Wunsch der Kunden spezielle Parts anfertigen. Wichtig ist hier jedoch nicht nur die 3D-Druck Technologie, sondern auch 3D-Scanner spielen eine essentielle Rolle bei Anfertigung der Ersatzteile. Mit Hilfe von 3D-Scan Technik, wie z.B. dem Handscanner Artec Space Spider, ist es möglich Teile innerhalb von Minuten vollständig zu digitalisieren (Quelle: 3druck.com). Die Teile werden einmal rundum mit dem Scanner gescannt und der jeweils erfasste Bereich erscheint dann auf dem Computer. Auch für die Innenseite der im Interview mit 3druck.com verwendeten Ölwanne eines Autos aus den 1930iger-Jahren, ist das Scannen mit einer Genauigkeit von bis zu 0,05 mm möglich. Der Scanner erzeugt hier ein Punktemuster, welches die Geometrie des Objektes durch Distanzpunkte rekonstruiert (Quelle: 3druck.com). Die Aufnahmen des Artec Scanners von der Ölwanne werden halbautomatisch in vier Bildergruppen mit jeweils 500 Bildern als 3D-Modell am Computer zusammengesetzt. Das Scan-Programm überprüft das Modell auf Mängel, wie Löcher oder Beulen, und diese werden im nächsten Schritt mit Hilfe von Reverse Engineering behoben (Quelle: 3druck.com). Das funktioniert durch CAD-Programme, die es möglich machen Änderungen am Modell durchzuführen. Das Programm modelliert die ursprüngliche Datei nach und anschließend kann man gefundene Fehler beheben und das 3D-Modell druckbar machen. So ist es möglich auch beschädigte Teile wieder in einem funktionstüchtigen Zustand herzustellen, was für die Oldtimer-Szene sehr wichtig ist (Quelle: 3druck.com).

Artec-Scanner (Quelle: 3druck.com)

Zwei der Firmen, die Ersatzteile durch 3D-Scan und 3D-Druck anfertigen, sind die deutschen Start-ups Oldtimerparts und Retromotion. 

Das Leipziger Start-up Oldtimerparts wurde von Eric Böhmer, einem Wirtschaftsingenieurwesen Student und selbst Hobby-Schrauber, 2019 mit zwei Freunden gegründet (Quelle: 3d-grenzenlos.de). Auf ihrer Seite www.oldtimerparts.de kann man das gewünschte Ersatzteil anfragen. Zudem sieht man, welche Materialien sie nachfertigen können. Das sind unter anderem Kunststoff-, Metall- und Gummiteile. Sie verwenden neben dem FDM (Fused Deposition Modeling) 3D-Druck auch das SLS-Verfahren (Selektives Lasersintern). Das SLS erlaubt das präzise Fertigen von verschiedenen pulverförmigen Materialien aus CAD-Dateien durch Schichtbauweise und Verschmelzen mittels Laser, daher ist es besonders für Metall geeignet (Quelle: visiotech-gmbh.de). Böhmer und seine Kollegen laden erfolgreiche Rekonstruktionen zudem in ihre Datenbank auf der Website hoch, was die Suche nach dem passenden Teil für Auto-Liebhaber zunehmend erleichtert. Als Ziel haben sich die Gründer von Oldtimerparts gesetzt, alleine mit einem Handyfoto das Teil rekonstruieren zu können (Quelle: 3d-grenzenlos.de). Das Start-up Retromotion aus Stuttgart, gegründet von Artur Oswald, agiert etwas anders als Oldtimerparts (Quelle: stuttgarter-nachrichten.de). Oswald und sein Geschäftspartner Phillipp Seul haben bereits an anderen Start-ups mitgewirkt, so kam Oswald auch zum 3D-Druck. Sie konzentrieren sich nicht konkret auf das rekonstruieren von Oldtimer-Teilen, sondern haben einen Online-Shop mit einem drei Stufen System aufgebaut (Quelle: stuttgarter-nachrichten.de). So bieten sie Teile in ihrem Shop an, vernetzen andere Händler über eine Kleinanzeigen-Plattform und fertigen bei Bedarf spezielle Teile nach. Gelistet sind bei ihnen Teile, die ihre Partner auf Lager haben, was ca. 25000 Teile von 50 Lieferanten sind (Quelle: stuttgarter-nachrichten.de). Falls niemand das gewünschte Teil hat, kann es nachgefertigt werden, jedoch nur in größeren Stückzahlen ab 50 Stück für Oldtimer-Klubs. Retromotion hat zum Beispiel in Zusammenarbeit mit ihrem Partner GKN Additive mit Hilfe von 3D-Scan den Türgriff eines seltenen Ferrari Mondial QV aus Edelstahl rekonstruiert und so Oldtimer-Besitzer begeistert (Quelle: stern.de). 

Auch die Autohersteller selber setzen auf 3D-Druck und das nicht nur bei ihren neuen Modellen, wie bei BMW, wo zum Beispiel die Führungsschienen des ausgelaufenen i8 Roadster Modells aus dem 3D-Drucker kommen (Quelle: blick.ch). BMW druckt seit über zehn Jahren teile in additiver Fertigung, 2019 waren es schon 200.000 Teile pro Jahr (Quelle: automobil-produktion.de). Mercedes hingegen hat einen ganzen Bereich für die Parts der Klassik-Autos der Marke aufgestellt. So wurde zum Beispiel die Zündkerzenhalterung des legendären Mercedes 300 SL Flügeltürer und dessen Innenspiegelfuß rekonstruiert und sogar verbessert, da der neue Spiegel bessere Sicht nach hinten bietet (Quelle: automobil-produktion.de). Das Teil wird nach dem Druck mit einer Oberflächenverchromung dem Originalteil zum Verwechseln ähnlich gemacht. So macht Mercedes Teile wieder verfügbar, die es Jahre lang kaum bis gar nicht gab. Auch Volkswagen hat mittlerweile einen Klassik-Parts Shop mit 60.000 Ersatzteilen für ihre Oldtimer (Quelle: volkswagen-classic-parts.de).

Innenspiegelfuß aus dem 3D-Drucker (Quelle: 3druck.com)

3D-Technologien sind somit mittlerweile weit genug fortgeschritten, um nicht nur neue Produkte zu revolutionieren, sondern auch alten Modellen neues Leben zu geben. Zwar sind viele Oldtimer-Ersatzteile auch heute noch nicht so billig, wie die Teile für herkömmliche Modelle, aber die Entwicklung der letzten Jahre zeigt hoffnungserweckende Entwicklungen für die Oldtimer-Branche Was sagt ihr zu dieser Methode Ersatzteile zu fertigen? Lasst es uns gerne wissen!