Forscher konstruieren im 3D-Drucker eine künstliche Herzkammer und Muskelzellen, die synchron schlagen.

Organe und Gewebe aus dem 3-D-Drucker gehören zu den Hoffnungsträgern der Medizin. Allerdings macht den Forschern die Formstabilität und die Detailgenauigkeit der gedruckten Organe und Gewebe zu schaffen. Adam Feinberg von der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh und seine Kollegen haben jetzt erstmals eine linke Herzkammer aus Kollagen und Herzmuskelzellen gedruckt, die synchron schlagen kann und bei der sich die Wand beim Zusammenziehen um 14 Prozent verdickt. Ein von Tal Dvir von der Universität in Tel Aviv vor wenigen Wochen vorgestelltes „Mini-Herz“ konnte dies noch nicht. Damit haben Feinberg und seine Kollegen einen wichtigen Schritt in Richtung Anwendung gemacht.

Formstabilität und Detailgenauigkeit beim 3-D-Druck sind wichtige Voraussetzungen für eine realitätsnahe Reproduktion von Organen und Geweben. Biomaterialien wie Alginat, Kollagen und Fibrin, aus denen die Organ- und Gewebegerüste gefertigt werden, sind allerdings im Gegensatz zu technischen Materialien wie Kunststoff, Metall oder Epoxidharz nicht standfest, wenn sie auf eine Oberfläche gedruckt werden. Sie sacken schon nach wenigen Schichten wie ein Wackelpudding unter ihrem Gewicht zusammen.

Biomaterialien steifer zu machen ist keine nachhaltige Lösung, weil dann auch die daraus gefertigten Organ- und Gewebegerüste steifer und kompakter werden, was das Anwachsen und Vermehren der mitgeführten Zellen beim Nachreifen der gedruckten Strukturen erschwert. Wegen der mangelnden Detailgenauigkeit ist es bisher auch noch nicht gelungen, in den gedruckten Organ- und Gewebegerüsten ein Netzwerk aus filigranen Blutgefäßen zu installieren – eine wichtige Voraussetzung für die Versorgung sämtlicher Zellen und damit für den Einsatz in der Medizin.

Eine menschliche Niere verfügt zum Beispiel über 25 Kilometer feinster Kapillaren für die Filtration des Blutes. Adam Feinberg und seine Kollegen haben jetzt erstmals Strukturen aus natürlichem, nicht durch Zusätze verändertem Kollagen gedruckt, wobei die Kollagenfasern einen Durchmesser von 20 Mikrometern hatten. Das entspricht dem Durchmesser feiner Haare. Wurden dem Kollagen beim Drucken zudem der Wachstumsfaktor für Blutgefäße und weitere wichtige Komponenten zugesetzt, bildete sich beim Nachreifen des Kollagengerüsts im Labor auch ein Netzwerk aus feinen Blutgefäßen, wie die Forscher in „Science“ schreiben (10.1126/science. aav9051). „Wir haben gezeigt, dass wir Teile des Herzens aus Kollagen und Zellen drucken können, die dann funktionieren“, meint Feinberg. Darunter seien eine Herzklappe und ein kleiner schlagender Ventrikel gewesen. Mit den MRT-Daten eines menschlichen Herzens sei es zudem möglich gewesen, die patientenspezifischen anatomischen Strukturen genau zu reproduzieren.

Wie sind diese Ergebnisse zustande gekommen? Durch die Weiterentwicklung einer Methode, die Feinberg schon vor vier Jahren publiziert hat und die den Namen „Fresh“ trägt. Damals haben die Forscher gezeigt, dass sich Biomaterialien am besten in einer Schale mit winzigen Gelatinekügelchen drucken lassen, also in einem Volumen, nicht auf einer Oberfläche. Dabei stabilisieren die Kügelchen das aus dem Drucker austretende Kollagen.

Die Neuerung besteht nun darin, dass Feinberg und seine Kollegen die Verfestigung des Kollagens durch eine sehr schnelle Änderung des pH-Wertes präzise steuern können, so dass die Strukturen mit einer zehnfach höheren Auflösung als noch vor vier Jahren gedruckt werden. Nach dem Druck und dem Verfestigen des Kollagens werden die Gelatinekügelchen bei 37 Grad Celsius geschmolzen und weggewaschen, so dass nur noch das gedruckte Gerüst übrigbleibt. Die hohe Detailgenauigkeit erreichten die Wissenschaftler zudem auch durch die Verwendung besonders kleiner Gelatinekügelchen.

Trotz der Fortschritte ist es noch ein weiter Weg, bis ein 3-D-Drucker wirklichkeitsnahe Kopien von Organen und Geweben produziert. Die regenerative Medizin muss auch noch die Frage beantworten, ob der Satz, dass die Form der Funktion folgt, auch in umgekehrter Richtung gilt – dass die Funktion also auch der Form folgt. Wird es genügen, allein die Form eines Organs oder eines Gewebes zu kopieren, um einen perfekten Ersatz zu erhalten, oder wird weit mehr nötig sein?

Derzeit ist noch nicht klar, welche Entwicklung schneller in der Medizin ankommen wird: Gewebe und Organe aus dem 3-D-Drucker, die durch Selbstorganisation von Stammzellen gebildeten „Organoide“ oder in Tieren produzierte menschliche Organe, deren Entwicklung beispielsweise in Japan vorangetrieben wird.

Ein Mini-Herz aus dem 3D-Drucker.
Quelle: https://www.faz.net

Researchers construct an artificial heart chamber and muscle cells that beat synchronously.

Organs and tissues from the 3D printer are among the hopes of medicine. However, researchers are struggling with the dimensional stability and detail accuracy of the printed organs and tissues. Adam Feinberg from Carnegie Mellon University in Pittsburgh and his colleagues have now for the first time printed a left ventricle made of collagen and heart muscle cells that can beat synchronously and in which the wall thickens by 14 percent as it contracts. A „mini heart“ presented by Tal Dvir from Tel Aviv University a few weeks ago has not yet been able to do this. Feinberg and his colleagues have thus taken an important step in the direction of application.

Dimensional stability and detail accuracy in 3D printing are important prerequisites for realistic reproduction of organs and tissues. Biomaterials such as alginate, collagen and fibrin, from which the organ and tissue frameworks are made, are not stable when printed on a surface, in contrast to technical materials such as plastic, metal or epoxy resin. After just a few layers, they collapse like a jelly under their weight.

Making biomaterials stiffer is not a sustainable solution because the organ and tissue frameworks made from them will also become stiffer and more compact, which makes it more difficult for the cells to grow and multiply as the printed structures mature. Due to the lack of detail, it has not yet been possible to install a network of filigree blood vessels in the printed organ and tissue frameworks – an important prerequisite for the supply of all cells and thus for use in medicine.

A human kidney, for example, has 25 kilometers of the finest capillaries for blood filtration. Adam Feinberg and his colleagues have now for the first time printed structures made of natural collagen, which has not been altered by additives, with collagen fibres having a diameter of 20 micrometres. This corresponds to the diameter of fine hair. While the growth factor for blood vessels and other important components were added to the collagen during printing, a network of fine blood vessels was formed in the laboratory when the collagen skeleton matured, as the researchers write in „Science“ (10.1126/science. aav9051). „We have shown that we can print parts of the heart from collagen and cells that then function,“ says Feinberg. Among them were a heart valve and a small beating ventricle. With the MRI data of a human heart, it was also possible to accurately reproduce the patient-specific anatomical structures.

How did these results come about? Through the further development of a method that Feinberg published four years ago and which bears the name „Fresh“. Back then, the researchers showed that biomaterials were best printed in a shell with tiny gelatine beads, i.e. in a volume rather than on a surface. The beads stabilize the collagen exiting the printer.

The innovation is that Feinberg and his colleagues can precisely control the solidification of collagen by changing the pH value very quickly, so that the structures are printed with a resolution ten times higher than four years ago. After printing and solidifying the collagen, the gelatine beads are melted and washed away at 37 degrees Celsius, leaving only the printed framework. The scientists also achieved the high level of detail accuracy by using particularly small gelatine beads.

Despite these advances, there is still a long way to go before a 3D printer produces realistic copies of organs and tissues. Regenerative medicine also has to answer the question of whether the sentence that form follows function also applies in the opposite direction – that function also follows form. Will it be sufficient to copy only the shape of an organ or tissue in order to obtain a perfect replacement, or will far more be necessary?

At present, it is not yet clear which developments will reach medicine more quickly: Tissues and organs from the 3D printer, the „organoids“ formed by the self-organisation of stem cells or human organs produced in animals, the development of which is being driven forward in Japan, for example.

Source: https://www.faz.net