Kann 3D-Druck die Modeindustrie umkrempeln?

Große Modekonzerne und namhafte Designer, wie Adidas und Iris van Herpen, haben sich in den letzten Jahren mehrfach dem 3D-Druck zugewendet, um die Zukunft von Sneakern und Haute Couture auszuloten. Aber hat diese Technologie das Potenzial die Modebranche zu verändern? Ein Überblick über das, was schon möglich ist und noch in der Ferne liegt. Himmelblaue Zahnräder und schwarze, verzweigte Strukturen, die zu filigranen Kleidern zusammenwachsen… Nicht ganz aus dieser Welt scheinen Entwürfe von Maartje Dijkstra und daher fällt es wohl so schwer sie mit wenigen Worten zu greifen, denn die niederländische Modedesignerin nutzt 3D-Druck um ihre Visionen Realität werden zu lassen, die sie anders nicht umsetzen könnte.

Visuelle Grenzen ergründen

„Ich kann kleine Elemente kreieren und sie zu einem Stoff wiederholen, den man im Laden nicht kaufen kann“, erklärt Dijkstra, nachdem sie ihre Entwürfe auf der Lexus 3D-Modenschau in Düsseldorf im vergangenen Sommer präsentiert hat. „Es hilft mir, progressiver zu sein und den Leuten zu zeigen, was man mit Technologie erreichen kann.“

Sie benutzt einen Stift von mehreren hundert Euro und Materialien, die etwa 1000 Euro kosten, um Elemente zu kreieren, die sie später zu einem Kleid vernäht. Sie zeichnet die einzelnen Teile des Kleides quasi mit ihrem Stift, aus des geschmolzenes Plastik gepresst wird. Dijkstra nennt den Prozess manuellen 3D-Druck, weil es keine Maschine ist, die ihre Kleider druckt. Beim herkömmlichen 3D-Druck folgen Maschinen einem Computerprogramm und fügen das verwendete Material Schicht für Schicht zu einem dreidimensionalen Objekt zusammen.

Die Fantasien der Modewelt um das Thema 3D-Druck wurden in den vergangenen Jahren durch Ausstellungen wie ‘Manus x Machina’ in der Met weiter beflügelt. Das New Yorker Museum erkundete 2016 die Unterschiede zwischen handgefertigten und maschinell hergestellten Kleidungsstücken mit Blockbuster-Stücken wie Karl Lagerfelds 3D-gedrucktem Chanel-Anzug. Der jüngste Hype um den 3D-Druck traf zeitlich auf die Do-it-yourself-Bewegung, und zeitweise erschien es fast so, als ob jeder bald seine Kleidung bequem zuhause ausdrucken könnte.

Die Möglichkeit, dass ein Drucker Kleidung in den eigenen vier Wänden erstellt, bleibt die wohl faszinierendste Idee aus der Kombination von Mode und 3D-Druck. Ein Kunde würde Anweisungen zur Einrichtung seiner Maschine und eine Druckdatei bekommen, erklärt Marcel Mentzel, Innenarchitekturstudent an der deutschen Modeschule AMD Akademie Mode & Design, nach der 3D-Modenschau in Düsseldorf. „Das wäre ein ganz neues Kundenerlebnis, wenn man sich seine Sachen aus dem Internet direkt runterladen kann”, sagte Mentzel. „Und es macht Mode halt auch unendlich anpassbar, wenn man kein festes Objekt kauft sondern eine Datei, die man selber verändern kann.” Er schrieb die Dateien für die 3D-Elemente in der Abschlusskollektion des Modedesignstudenten Lucas Viering, die in Düsseldorf präsentiert wurde.

„Es geht um all die Kreativität, die sie aufgrund der Designfreiheit übersetzen können“, sagt Valérie Vriamont, Business Developer und Innovationsberaterin bei Materialise. Das belgische 3D-Druckunternehmen wurde 1990 gegründet und arbeitete in der Vergangenheit mit Van Herpen zusammen. Zu den Kunden aus dem Modesegment gehören auch kommerzielle Marken, für die Materialise sogenannte ‚Wearables‘, wie Einlegesohlen für Schuhe oder Brillenrahmen herstellt.

Im Vergleich zu anderen Technologien, haben ihre Kunden den Anteil der 3D-gedruckten Rahmen erhöht, sagte Vriamont. Die Methode biete Flexibilität, weil sich die Brillen durch Änderungen an einer digitalen Datei schnell an Trends anpassen lassen, erklärte sie. Die Computerdatei gibt der Maschine genaue Anweisungen darüber, wie die Brillenrahmen erstellt werden. Unternehmen müssen nur das produzieren, was bestellt wird, und vermeiden das Risiko, Lagerbestände zu halten, die herkömmliche Fertigungsmethoden erfordern.

Hochpersonalisierte Schuhe

„Stell dir vor, du kommst in einen Adidas-Shop, gehst kurz auf einem Laufband und bekommst sofort einen 3D-gedruckten Laufschuh“, beschrieb der deutsche Sportartikelhersteller Adidas AG seine Vision, als er 2015 sein erstes Futurecraft-Modell vorstellte, einen Laufschuh mit einer 3D-gedruckten Zwischensohle. Im vergangenen Jahr verkaufte sich der weiterentwickelte Futurecraft 4D, der für rund 300 US-Dollar erhältlich ist, mehr als 100.000 Mal und Adidas will die Produktion in Zukunft steigern, sagte eine Sprecherin.

Die Technologie der digitalen Lichtsynthese, die so aussieht, als würde die Sohle langsam aus einem Becken voller Flüssigkeit gezogen, könnte es ermöglichen, jeden Punkt in der Zwischensohle an die Bedürfnisse des Trägers anzupassen – wie zum Beispiel an die Form des Fußes oder das Gewicht. Durch Personalisierung und Produktion auf Nachfrage hoffen Modeunternehmen Überbestände in Zukunft zu vermeiden.


Large fashion groups and renowned designers such as Adidas and Iris van Herpen have turned to 3D printing several times in recent years to explore the future of sneakers and haute couture. But does this technology have the potential to change the fashion industry? An overview of what’s already possible and what’s still far away. Sky blue gears and black, branched structures that grow together into filigree dresses… Not entirely from this world do Maartje Dijkstra’s designs seem and therefore it is probably so difficult to grasp them in a few words, because the Dutch fashion designer uses 3D printing to turn her visions into reality, which she couldn’t realize otherwise.

 

Fathoming visual boundaries

„I can create small elements and repeat them into a fabric that you can’t buy in a store,“ explains Dijkstra after presenting her designs at the Lexus 3D fashion show in Düsseldorf last summer. „It helps me be more progressive and show people what technology can do.

She uses a pencil of several hundred euros and materials that cost about 1000 euros to create elements that she later sews into a dress. She draws the individual parts of the dress with her pencil, which is pressed out of the molten plastic. Dijkstra calls the process manual 3D printing because it is not a machine that prints her clothes. In conventional 3D printing, machines follow a computer program and assemble the material used layer by layer into a three-dimensional object.

In recent years, the fashion world’s fantasies about 3D printing have been spurred on by exhibitions such as ‚Manus x Machina‘ in the Met. In 2016, the New York Museum explored the differences between handmade and machine-made garments with blockbuster pieces such as Karl Lagerfeld’s 3D-printed Chanel suit. The recent hype about 3D printing coincided with the do-it-yourself movement, and at times it almost seemed as if everyone could soon print out their clothes comfortably at home.

The ability for a printer to create clothes within his own four walls remains probably the most fascinating idea of combining fashion and 3D printing. A customer would receive instructions on how to set up his machine and a print file, explains Marcel Mentzel, interior design student at the German fashion school AMD Akademie Mode & Design, after the 3D fashion show in Düsseldorf. „That would be a whole new customer experience if you could download your stuff directly from the Internet,“ said Mentzel. „And it also makes fashion infinitely adaptable if you don’t buy a fixed object but a file that you can change yourself“. He wrote the files for the 3D elements in the final collection of fashion design student Lucas Viering, which was presented in Düsseldorf.

„It’s about all the creativity they can translate because of the freedom of design,“ says Valérie Vriamont, business developer and innovation consultant at Materialise. The Belgian 3D printing company was founded in 1990 and has worked with Van Herpen in the past. Customers in the fashion segment also include commercial brands, for which Materialise produces wearables such as insoles for shoes or spectacle frames.

Compared to other technologies, their customers have increased the proportion of 3D-printed frames, Vriamont said. The method offers flexibility because the glasses can be quickly adapted to trends by making changes to a digital file, she explained. The computer file gives the machine precise instructions on how the frames are created. Companies only need to produce what they order and avoid the risk of maintaining inventory levels that traditional manufacturing methods require.

 

Highly personalized shoes

„Imagine coming into an Adidas shop, walking on a treadmill and immediately getting a 3D-printed running shoe,“ is how the German sports goods manufacturer Adidas AG described its vision when it presented its first Futurecraft model in 2015, a running shoe with a 3D-printed midsole. Last year, the advanced Futurecraft 4D, which is available for around $300, sold more than 100,000 copies and Adidas wants to increase production in the future, a spokeswoman said.

The technology of digital light synthesis, which looks as if the sole is slowly being pulled out of a basin full of fluid, could make it possible to adapt any point in the midsole to the wearer’s needs – such as the shape of the foot or the weight. Through personalization and production on demand, fashion companies hope to avoid overstocking in the future.

Source: https://fashionunited.de/nachrichten/mode/kann-3d-druck-die-modeindustrie-umkrempeln/2019050231757